Hormonfrei leben.
Was zunächst komisch klingt, ist für mich zu einem wichtigen Grundsatz meines Lebens (als Frau) geworden.
Die „Sache mit der Pille“ betrifft früher oder später jedes Mädchen. Ob man sie nimmt oder nicht, sie gut oder schlecht verträgt, sich bewusst oder unbewusst gegen oder für sie entschieden hat: Die Auseinandersetzung mit eben jenem Thema findet fast bei jeder Frau einmal statt.
Nachdem der letzte GIRLS TALK (Meine Erfahrungen mit der Menstruationstasse) so gut bei euch ankam, möchte ich nun meine persönliche Pillen-Geschichte mit euch teilen.
Los geht’s!
P.S.: Mittlerweile ist zu diesem Thema sogar eine Podcast-Folge entstanden, die du hier findest.
Gleich vorweg: Ich bin natürlich nicht medizinisch versiert, sondern teile hier lediglich meine Erfahrungen und Tipps. 😉 Bei Zweifeln oder Fragen, sollte man sich an seinen Apotheker oder Gynäkologen wenden. Eine hormonelle Umstellung ist ohnehin eine Sache, die man bestenfalls mit seinem Frauenarzt bespricht.
Machen ja alle so.
Ich habe früh begonnen, die Pille zu nehmen. Eine Entscheidung, die ich nicht bereue. Es war sicher, es war beruhigend. Für mich und meine Eltern. Es schwächte meine Schmerzen ab, brachte Regelmäßigkeit in meinen jungen, unregelmäßigen Zyklus und besserte mein pubertäres Hautbild. Zugegeben, es hätte schlimmer sein können. Ich hatte ein paar Pickel auf der Stirn, nur leicht fettende Haare. Nichts dramatisches. Und doch besserte es meine Gesamtsituation.
Es schien mir, als machte man das einfach so. Als bekäme jedes Mädchen früher oder später die Pille. Manche mit 14, manche mit 16, andere erst mit 18. Je nach Reife und Beziehungsstatus. Und tatsächlich lief es in meinem Freundes- und Bekanntenkreis genau so ab.
Pillchen, wechsle dich.
Anfangs ging es mir gut damit. Mein Arzt verschrieb mir eine recht starke Pille, die auch meine Regelschmerzen bessern sollte. Die Pille wirkte „Wunder“. Gleich nach dem ersten Monat waren meine Schmerzen wie weggeblasen. Warum, merkte ich bald: Ich hatte kaum noch bemerkenswerte Blutungen. Doch die anfängliche Euphorie über dieses neue Lebensgefühl „ohne“ Menstruation schwand nach einiger Zeit und verwandelte sich in monatliche Panik: Hatte die Pille versagt? Wieso bekam ich meine Tage nicht mehr?
So schmerzend, nervig und störend die Periode sein kann, so sehr hatte sie mir zuvor doch Sicherheit gegeben, dass alles seinen geregelten und natürlichen Lauf nahm und dass ich – plump gesagt – nicht schwanger war.
Das sollte sich ändern: Mit einer neuen, schwächeren Pille. Zuerst wurde alle besser! Mein Zyklus pendelte sich wieder ein und ich fühlte mich wohler. Meine Schmerzen waren erträglich und meine Haut blieb glatt und unverändert. Ich war zufrieden. Zumindest, was die Sache mit dem Zyklus anging.
Die Probleme kamen schleichend, ganz langsam. Ich wurde zunehmend gereizter, bekam Stimmungstiefs, Selbstzweifel. Meine Laune verschlechterte sind insgesamt und ich bekam plötzliche Heul-Attacken, ohne die geringste Ahnung zu haben, warum. Ich nahm zu. Konnte mein Gewicht nicht kontrollieren. Weder mit Sport, noch mit Ernährung . Mein Körpergefühl veränderte sich völlig und wurde blasser, als entfernte ich mich schrittweise immer weiter davon.
Zunächst bemerkte ich es nicht und hielt es für eine Begleiterscheinung meines Alters. Durch ein Gespräch mit einer Freundin, die die gleiche Pille nahm und mir Ähnliches berichtete bin ich hellhörig geworden. Konnte das ein Zufall sein?
Ich wechselte wiederum. Ein letztes Mal. Und wurde noch reizbarer, launischer und hatte jegliche Lust und mein Körpergefühl verloren.
Kein Pille-Palle!
Ich habe nie daran gedacht, die Pille abzusetzen. Ich kannte keine anderen Möglichkeiten, die der Pille gleichkamen, also habe ich es hingenommen und mich mit der Situation abgefunden. Hab‘ gedacht, es sei normal, es müsse so sein. Ich wusste nicht, dass es auch anders geht und anders sein kann und habe mich ehrlich gesagt auch nie groß damit beschäftigt.
Mit 21, nach fast 8 Jahren der Pilleneinnahme, bin ich eines morgens aufgewacht und habe mich gefragt, warum ich meinem Körper das eigentlich antue. Ich weiß nicht, ob es irgendwo in meinem Unterbewusstsein geschlummert hat oder wie ich darauf kam, doch in diesem Augenblick hab ich die Entscheidung getroffen, nie wieder Hormone einnehmen zu wollen.
Hormonfrei leben: Das Absetzen der Pille und die ersten Monate danach
Schließlich habe ich die aktuelle Pillenpackung aufgebraucht und den neuen Zyklus hormonfrei begonnen. Zuerst merkte ich nicht viel, die ersten Wochen verliefen wie gehabt. Im zweiten hormonfreien Zyklus bemerkte ich die ersten Änderungen: Zwischenblutungen. Meine Haut wurde merklich unreiner und veränderte sich. Pickel, Unreinheiten, Pickelmale, fettende und glänzende Stellen gehörten von nun an zu meinen täglichen Ärgernissen. Ich bemerkte, wie mein Körper sich veränderte und auf die Umstellung reagierte. Ich bemerkte meinen Körper! Und nahm ihn deutlicher wahr. Jedes Gefühl wurde stärker, Berührungen intensiver und meine Stimmung ausgeglichener. Die Umstellungsphase war für meinen Körper jedoch Schwerstarbeit. Ich hatte unfassbar starke Regelschmerzen, einen furchtbar unregelmäßigen Zyklus, fühlte mich irgendwie körperlich orientierungslos, angreifbar und vor allem: fremd.
Es war fast, als erlebte ich eine zweite, kurzweilige Pubertät – rein körperlich.
Diese interaktive Infografik zeigt ganz deutlich, wie sehr die Pille unseren Körper verändert. Klickt euch mal durch die verschiedenen Körper-Bereiche und erfahrt mehr über das Eingreifen der Pille in unseren Körper.
Im Reiter wählt ihr Folgendes aus: „Das passiert, wenn man die Antibabypille absetzt.“
Infografik via cyclotest.de
Hormonfrei Leben: Nie wieder Pille!
Erst zu diesem Zeitpunk merkte ich rückblickend, wie sehr die Pille eigentlich in unsere Entwicklung eingreift. Wie sehr sie dazu beiträgt, dass wir uns verändern, gegen unseren Willen und vor allem außerhalb unseres Bewusstseins. Das muss nicht für alle gelten. Es gibt Frauen, die die Pille absetzen und wieder beginnen, ohne dass ihnen Veränderungen bewusst werden. Es muss nicht jede Frau Pickel bekommen oder Stimmungsveränderungen bemerken. Trotzdem glaube ich, dass die Pille bei jeder Frau etwas verändert. Ob sie es nun wahrnimmt, oder nicht.
Ich schätze, dass mein Körper alles in allem gute zwei Jahre gebraucht hat, bis ich vollständig sagen konnte: „Jetzt ist alles normal. Jetzt fühle ich mich gut, natürlich und wohl.“ Es war wie ein Prozess. Schrittweise hat sich alles eingependelt, mein Zyklus wurde regelmäßiger und natürlicher. Das „Hormontief“ während der Menstruation wurde schwächer, ich emotional weniger angreifbar.
Und die Verhütung?
Ich hatte keinen Freund, als ich die Pille abgesetzt habe. Von daher habe ich mir erst einmal eine Weile lang weniger Gedanken darüber machen müssen und hatte Zeit, mich mit der Umstellung zu arrangieren.
Doch eines stand für mich fest: Nie wieder die Pille! Ich habe aufgrund des Umstellungsprozesses eine innere Abneigung dagegen entwickelt und weiß: Das werde ich nie wieder aufs Spiel setzen.
Es gibt heutzutage so viele verschiedene Methoden mit weitaus weniger Folgen und Nebenwirkungen.
Jede davon hat ihre Vorzüge und ihre Nachteile. Da muss jede Frau selbst abwägen.
Ich für meinen Teil bin jedoch absolut glücklich mit meiner Entscheidung, stolz auf mein Durchhaltevermögen während der Umstellung und zufrieden mit der jetzigen Situation, die überaus angenehm ist.
15 Kommentare
Hallo, ich bin eigentlich stille Leserin, aber dieser Artikel spricht mir aus der Seele! Ich habe vor 8 Monaten die Pille abgesetzt, als ich mich von meinem Freund getrennt habe. Am Anfang war es komisch, aber mittlerweile geht es mir so viel besser. Ich bin im Moment auch Single, deshalb ist es momentan kein Thema. Aber ich überlege bereits länger, wie ich in der nächsten Beziehung verhüten soll. Aber das liegt noch in der Zukunft. Im Moment bin ich einfach nur froh „frei“ zu sein
Ich kenne das Gefühl zu gut! Ich berichte beim Nächsten Mal, wie ich es mache. Vielleicht ist das was für dich. Es gibt aber so viele Methoden, aus denen man das Richtige für sich auswählen kann!
Ich kann mich in deinem Artikel absolut widerfinden und finde deinen Artikel sehr toll ☺ Ich habe die Pille vor 10 Monaten abgesetzt. Danach kamen auch die von dir beschriebenen Unreinheiten der Haut, bis heute.
Aber seit ich die Pille abgesetzt habe spüre ich meinen Körper wieder und vor allem sind meine depressiven Stimmungen weg. Ich werde die Pille auch nie wieder nehmen.
Ich bin so überrascht, wie vielen es ähnlich geht. Das zeigt ja, dass es doch eher relativ üblich ist, wie die Pille auf den Körper einwirkt. Danke für das Feedback!
Ein sehr interessanter Beitrag zu diesem
aktuellen Thema! Ich spiele auch schon
länger mit dem Gedanken die Pille
abzusetzen, da ich aber einen Freund habe
muss ich mir überlegen welche andere
Verhütung für mich passend wäre. Freu
mich auf deinen nächsten Beitrag dazu 🙂
Das musst du auf jeden Fall alleine entscheiden! Aber wenn du schon das Gefühl hast, dass es dir ohne Pille besser gehen könnte, dann würde ich es wagen und die Umstellung in Kauf nehmen. Denn scheinbar merkst du ja schon unterbewusst, dass irgendetwas nicht stimmt. 🙂 Danke dir!
Liebe Jojo,
du hast einen tollen Beitrag geschrieben, ich selbst hab vor über einem halben Jahr die Pille abgesetzt. Meine Beweggründe waren einerseits, und auch der stärkste Grund, das ich meinen Körper nicht noch weiter mit „unnötigen“ Hormonen vollstopfen wollte und andererseits hatte ich zu diesem Zeitpunkt auch keinen Freund oder ähnliches wo sich eine weitere Einnahme der Pille „ausgezahlt“ hätte. Ich bereue meine Entscheidung bis heute nicht und bin noch immer froh es durchgezogen habe. Leider habe ich auch wie du Unreinheiten, Pickel und eine fettige Haut in der T-Zone bekommen, aber ich bin zuversichtlich das sich das noch bessern wird mit der Zeit.
Ich freue mich auf jeden Fall schon auf die Fortetzung (wenn es denn eine geben sollte) 😉
Liebe Grüße Kathi 🙂
http://www.livingforlifeandstyle.wordpress.com
Liebe Kathi, erst einmal vielen Dank für das Kompliment. Bei mir ist es nach monatelangem Warten und „Kämpfen“ gegen die Unreinheiten schrittchenweise besser geworden. Man muss halt plötzlich mehr „Zeit“ in die Haut investieren und die richtigen Produkte suchen. Irgendwann hat sich bei mir alles reguliert und jetzt habe ich nur noch leichte Unreinheiten und etwas mehr vor der Periode. Aber damit lässt es sich aushalten.
Ich werde auf jeden Fall noch 1-2 Beiträge zu dem Thema schreiben.
<3 Liebe Grüße!
Ich habe mich in sehr vielen Phasen deines Berichts wieder erkannt. Davon angefangen, dass ich gar nicht wusste, dass es was anderes gab außer der Pille. Bis hin zum Aufwachen und der Frage: Warum eigentlich all diese Hormone (und die Nebenwirkungen)?
Es musste bei mir wirklich an den Punkt kommen, wo es mir mit Depressionen, Gewichtzunahme und Libidoverlust so dreckig ging, dass ich über Alternativen nachdenken MUSSTE. Und siehe da – es gibt sie! Es ist einfach schade, wie wenig darüber informiert wird, da viele hormonfreie Methoden sogar noch sicherer sind als die hormonellen.
Bei mir ist es letztendlich der cyclotest myway geworden (davor hatte ich NFP probiert, das war mir aber auf Dauer zu umständlich) und bin damit jetzt SO glücklich. Ich fühle mich wohler in meinem Körper, glücklicher, ausgeglichener und bin dazu noch sicher geschützt. Hätte ich das nur mal alles früher gemacht!
Schön, dass es Blogeinträge wie deinen gibt, in denen über Alternativen und die Probleme der Pille informiert wird.
Hallo Sandrinchen. Ich finde es auch schade, dass so lange Zeit die Pille als „einziges“ und „bestes“ Verhütungsmittel angepriesen wurde. Es brauchte wohl erst einige Skandale in der Presse, die so langsam den Blick auf Alternativen rücken lassen. Dazu kommt einfach, dass ein junger und jugendlicher Körper solche Veränderungen (die durch die Pille bedingt sind) einfach viel schlechter bewusst wahrnimmt, weil sich ja ohnehin schon so viel verändert.
Ich bin froh, dass solche Beiträge etwas helfen können und zur Aufklärung beitragen. 🙂 Liebe Grüße!
Ich bin auch häufig in Foren unterwegs und lese da immer wieder sehr erschreckende Fragen von jungen Mädchen, die die Pille nehmen.
Erschreckend, weil sie offensichtlich die Wirkweise gar nicht verstehen, oft unverantwortlich mit der Einnahme umgehen und sie oft nehmen, weil sie größere Brüste und weniger Pickel möchten. Aufklärung beim Frauenarzt dazu: fast nicht existent.
Das ist einfach traurig, denn harmlos ist die Pille sicher nicht. Ich hoffe wie du, dass so langsam aber sicher mehr und mehr Frauen die Alternativen kennen und schätzen lernen.
[…] letzten „GIRLS TALK“ habe ich euch erzählt, wie meine Haut auf das Absetzen der Pille reagiert… Eine solche hormonelle Umstellung kann eure Haut ganz schön irritieren. Zusammen mit […]
Ich habe erst vor kurzem die Pille abgesetzt. Bis jetzt habe ich aber glücklicherweise noch keine Nebenwirkungen bemerkt und ich hoffe das bleibt auch so. Ich merke bis jetzt nur, dass ich ausgeglichener und sogar gelassener bin.
Liebe Grüße,
Saskia-Katharina
Das klingt doch super! Ich hoffe auch für dich, dass so bleibt 🙂 Jeder reagiert anders. Liebe Grüße!
Toller Beitrag! Ich stecke aktuell seit sechs Monaten in der Umstellphase, nachdem ich die Pille abgesetzt habe, die ich wiederum mehr als 8 Jahre genommen habe. Ich fühle die Umstellung ziemlich deutlich an meinem Körper. Es ist so, als wäre ich wieder in der Pubertät mit sehr schlechter Haut. Ich merke aber auch, dass ich ein ganz neues Körpergefühl habe und weniger Stimmungstiefs. Trotz der vielen Nebenwirkungen vom Absetzen werde ich nie wieder zur Pille zurückkehren. Sollte Verhütung stattdessen wieder ein Thema werden, werde ich wahrscheinlich zur Spirale wechseln.